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Heute wissen nur noch wenige Zeidner, dass das Grundstück, auf dem später die große Kunstmühle von Christel & Göbbel und nachher auch das "Colorom"-Werk erbaut wurden, " der Kurutzenhügel " heißt.
Fürst Franz Rakotzi II., der ein Gegner der habsburgischen Herscherhauses war, stiftete - mit Unterstützung Frankreichs und der Türken - in Siebenbürgen und in ganz Ungarn Unruhe. Die Szekler hielten zu ihm und bildeten ansehnliche Heerhaufen, die den Habsburgern, damals auch Labanten genannt, viel zu schaffen machten. Noch mehr hatten allerdings die sächsischen Gemeinden, und besonders die des Burzenlandes, unter ihnen zu leiden.. Die Kurutzen überfielen und plünderten laufend die sächsischen Bauern aus, die weder tag noch nachts vor den Räubern sicher waren. Diese holten Vieh und Pferde aus dem Stall, zwangen die Sachsen, ihnen Frucht und Mehl und sonstiges Proviant auszuhändigen, beraubten sie ihrer Wertsachen und des Geldes. Nicht selten trieb man daher die kostbaren Tiere in die Kirchenburg, um sie so dem Zugriff der Horden zu entziehen. Diese Unruhen haben fast zehn Jahre lang gedauert.
Dem Zeidner Ortshann Christel Königes (gestorben 1746) verdanken wir die Berichte über die Ereignisse speziell der Kurutzenzeit. Sie sind aufgezeichnet in den "ANNALES CZEIDINENSES", einer Chronik der "Zeidner Denkwürdigkeiten", die in den Jahren 1335-1847 von mehreren Schreibern aufgefasst sind.
An jenem12. April 1704 - es war der Sonntag Jubilate, also drei Wochen nach Ostern - erschien eine Vorhut der kaiserlichen Truppen in der Gemeinde und scheuchte die seit einigen Tagen sich im Ort einquartierten Kurutzen auf. Einem Hadnagy (d.i. Leutnant), der eilig aus einem Hof heraussprengte, und dabei mit der Feldfahne oben am Torbogen anschlug, brach die Stange entzwei und fiel ihm aus den Händen. Das wurde allgemein als böses Vorzeichen angesehen. Die kaiserliche Reiterei muss von Vladeni herüber gekommen sein, des es wird berichtet, Dass einige Kurutzen ihnen die Langgasse hinunter bis auf das Darranrech entgegen gegangen seien. Doch sie wichen ihnen bald aus und verzogen sich zum alten Ziegelschoppen (vermutlich "Af den Boacheltschern", an der Heldsdörfer Strasse), während ihre Kameraden durch das Kirchgäßchen zur Mühlgasse hinaus auf einem Umweg, sich ebenfalls zum Ziegelschoppen einfanden.gemeinsam sollen sie alsdann über die Kalwenbrücke in Richtung Petersberg geflohen sein, wo sich das große Sammellager befand.
Die Labanten, voran die bei ihnen dienenden Raitzen (serbische Söldner), benahmen sich jedoch in der Gemeinde auch nicht besser als ihre Gegner. Sie schlugen und schossen sogar auf die Leute, nahmen einige der besten Pferde weg, schlachteten Kälber, Ferkel, Gänse und Hühner und lagerten bis gegen 4 Uhr nachmittags auf dem Essig (beim Südpol), wo sie brotzelten und schmausten.
In der Zwischenzeit hatte sich das ganze kurutzische Lager mit seinem Anführer Henter Mihaly von Petersberg aus, über Weidenbach, "bis hinter die Kapelle ins Atschfurleck" begeben. Königes berichtet, sie hätten wie ein schwarzer Wald geschienen, "denn sie hatten sich mit schwarzem Zonder (= Zadarn: Tuch, Stoff) angekleidet". Von dort scharmützelten etliche von ihnen gegen die Gemeinde und schließlich "rückten die Kurutzen sämtlich näher mit bloßen funkelnden Säbeln, so dass es schrecklich nur zu sehen war", bis ins 1. Gewann und an den Neugraben. Nun rüsten sich auch die Kaiserlichen zu Kampf, brechen auf und in kurzer Zeit ist die Entscheidung gefallen: Die Kurutzen müssen aufgeben und nehmen die Flucht auf. Denn der Wind drückte den Szeklern den von den Gewehrsalven sich entwickelnden Rauch in die Augen, dass ihnen keinen andere Wahl blieb als zu fliehen. Nicht wenige von ihnen gerieten dabei zwischen die neben dem Neugraben angelegten Flachsreusen und in die Gräber sowie in den Neugraben selbst, wo sie entweder ertranken oder niedergemacht wurden. Man zählte 409 tote Kurutzen, von den Deutschen fiel ein Mann.
Die Rebellen suchten danach das Weite und viele von ihnen flohen dem Walde zu, über Halwes Rück gegen den kleinen und großen Stein; andere nahmen den Weg Richtung Wolkendorf. Später sammelten sie sich und verzogen sich in die Haromszek. Die Kaiserlichen aber blieben bis gegen 2 Uhr morgens auf dem Essig und feierten den Sieg. Dann ritten sie nach Kronstadt und sollten tags darauf die Kurutzen in die Haromszek verfolgt haben, wo sie ihrerseits schrecklich gewütet haben sollen.
Am 15. April hat man die alle Gefallenen in ein Massengrab gelegt, an der Stelle, wo später die "Colorom" erbaut werden sollte. Bis zum Jahre 1775 war der Hügel zu sehen, dann wurde er eingeebnet und wieder als Acker bebaut worden. Die Kurutzenunruhen fanden aber noch lange kein Ende; sie waren noch Jahre hindurch der Schrecken der Burzenländer Gemeinden.
Balduin Herter
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