Kürzlich fand ich einen alten Artikel , geschrieben von Alfred Wagner und erschienen in der Karpatenrundschau Nr. 28/11. Juli 1969, der die Geschichte und Verlauf unseres "Schulfestes" eindrucksvoll beschreibt:

"Es grüsst uns wieder der alte Zeidner Berg..."

Grüne Matten, sanfte Hänge, alte Lindenbäume und dann der "Schulfestplatz"-- Eduard Morres, der bekannte Maler, hat die Atmosphäre dieses Ortes, der jedem Zeidner ans Herz gewachsen ist, besser festgehalten als es Worte vermögen. Aber sicher passt die Melodie "Af deser Ierd", die da am Sonntag von all den Menschen auf dem Festplatz angestimmt wurde, zu diesem Stück Heimaterde.

Marschroute



"Es grüßt uns wieder der Zeidner Berg bei unserem Wald- und Heimatfest. Wir wollen das schöne Erbgut unserer Vorfahren neu beleben", hat der stellvertretender Direktor der Zeidner Schule, Arnold Römer, gesagt. Und der Erste Stellvertretende Vorsitzende des Stadtvolksrates, Gheorghe Cioaca, meinte dasselbe, als er in seiner Eröffnungsansprache alle Anwesenden mit den Worten begrüßte: Diese alte Tradition, dieser Volksbrauch soll heute ein Ausdruck unserer Freude sein, der Genugtuung für das bisher in gemeinsamen Schaffen Geleistete. Aber auch ein Entschluss unsere Stadt weiter zu verschönern, unserer Zukunft besser zu gestalten."

Was im Altland das Johannis- oder Peter-und-Paul-Fest, das Urzelnlaufen, Kronenfest, der Maibaum, das ist in Zeiden das Schulfest. Ursprünglich von Stephan Ludwig Roth als eine Tanzveranstaltung gedacht, die die Dorfjugend zur Leibesübungen heranziehen soll, hat sich die Zeidner Veranstaltung an das Kronstädter Honterusfest angelehnt, ist jedoch eigene Wege gegangen. Wenn es auch ein Fest der Schüler ist, so hat der 1889 gegründete "Verschönerungsverein" doch viel beigetragen. Der heutige "Schulfestplatz", auf dem Wege zum Zeidner Waldbad angelegt, wurde in einem perfekten Viereck mit Linden bepflanzt, der Weg dahin angelegt und gepflegt und der grüne Rasenteppich betreut. Die Turnvorführungen wurden von jeher mit Volkstänzen und heiteren Einlagen ergänzt und natürlich durften auch Lieder und die Adjuvanten nicht fehlen. Ein Fest der Freude , des Grusses an den Sommer, das Ende Mai oder Anfang Juni gefeiert wurde.


Dann geriet der Brauch in Vergessenheit. "Ja, ja, zu meiner Zeit...." sagten die Alten, wenn sie auf der Bank bei einem Plausch sassen.

Heute will es keiner gewesen sein, der die Idee hatte. "Ohne den Zell wäre nichts daraus geworden", sagt Ewald Metter, der Vorsitzende des Zeidner Lesekreises "Michael Königes", während Lehrer Gotthelf Zell steif und fest behauptet: "Der Ewald war der Initiator." Wie dem auch sei: Am Sonntag erlebte der alte Brauch seine Wiedergeburt. Gespräche und Umfragen gingen dem Vorraus. Die Älteren kramten in ihren Erinnerungen "..wart mal, da war doch auch ein Tanz, ein ganz komplizierter...", schließlich hatten die Organisatoren alles beisammen und wie es althergebracht üblich war. Und Ing. Friedrich Stolz, der ansonsten Chefingenieur des Kronstädter Holzverarbeitungskonmplexes ist, diesmal aber als Vertreter des Kreisrates der Werktätigen deutscher Nationalität hier das Szepter führte, wurde allgemein zugestimmt, als er sagte: "Wir wollen auch in Zukunft unser schönes Brauchtum pflegen."

Gar manch einer fasste bei der letzten Probe sein spiegelndes Instrument mit dem Taschentuch an-- nicht nur der Ton sollte funkeln sondern auch die Instrumente der "alten" Blaskapelle. Zwar blickten die Zeidner misstrauisch zu den Wolken, doch als flotte Musik durch die Gassen hallte, beeilte man sich dann doch den Anschluss nicht zu verpassen, denn wenn Kapellmeister Otto Aescht mit seiner Blasia zum Festplatz zieht, dann wird es ernst.

Das mit der "alten" Blaskapelle ist nicht so wörtlich zu nehmen -- der Älteste ist nämlich Erhard Pechar und auch dem will man seine 43 Lenze (Stand 1969!) kaum glauben. Die "junge" Blaskapelle heißt deshalb so, weil sie später gegründet wurde. Jedoch hat ihr Leiter, Alfred Preidt, seine Jungen das Blasen tüchtig beigebracht. Schade, dass man die zwei Kapellen nicht zusammenschließen kann -- die Instrumente sind nicht gleich gestimmt -- das gäbe dann eine starke Blasia von rund 40 Mann. So spielt man abwechselnd wobei es nicht selten heißt: "Was spielen die anderen so viel, jetzt sind wir an der Reihe." Wozu Ewald Metter mit einem Augenzwinkern meint:" Das ist der Berufsstolz bei den Bläser." Am besten kommen dabei die Tänzer weg.

Gut, dass die Eier hartgekocht sind, sonst bekäme der Rasen als auch manche Volkstracht beim Eierwettlauf, was aufgekleckst. Auch beim Sackhüpfen und Topfzerschlagen gibt es großen Spaß. Und als sich nachher sogar die Erwachsenen in Säcken stecken, oder mit verbundenen Augen auf die Töpfe losgehen, da gibt es ein Hallo, dass es in den Linden hallt.

Die Überraschungen nehmen kein Ende. Plötzlich heißt es: "Auf zum Wunderkreis." Und schon geht es los. Der Weg dieser sonderbar gewundenen Schnecke ist so angelegt, dass man, nachdem man in mehreren Windungen der Mitte zu gekreist ist, allmählich wieder zum Ausgang gelangt. Alles klatscht im Rhythmus des Marsches mit und windet sich in langen Kreisen durch das Labyrinth. Voran die Kleinsten und immer größere Schüler, am Ende die Feuerwehr (einmal darf sie auch zuletzt kommen). Die "junge" Blaskapelle spielt unermüdlich-- fast eine halbe Stunde dauert es, bis alle durch sind. Aber damit ist auch der Kipfelberg verschwunden, denn jeder, der sich durch den Wunderkreis gewunden hat, erhält eine Kipfel (hausgebacken, versteht sich) und es waren rund 1000 Kipfel in den Kisten!

Die Adjuvanten von der "jungen" Blasia reden sich in Eifer. Es geht nämlich darum: sollen sie einen Tusch spielen, wenn die Feuerwehr gewinnt oder wenn der Männerchor beim Tauziehen als Sieger hervorgeht. "Wie immer es ausgeht, wir spielen", entschied Alfred Preidt. Bei der Jugend erfreut sich die Feuerwehr grössere Sympathie -- im Chor schallt es über den Platz: Feu - er - weehr, Feu - er - wehr!". Und sie gewinnt und bekommt auch ihren Tusch, obendrein noch eine Flasche Likör. Kommentar unter den Druckern: "Die Sieger kriegen als Preis einen Likör, die Verlierer eine Tafel Schokolade, damit sie sich die Knochen stärken." Allerdings holt sich beim Platzwechsel der Männerchor Revanche (schlechte Mäuler behaupten, weil einer der Feuerwehrmänner versehentlich an der falschen Seite gezogen hat.

Höhepunkt in jeder Hinsicht ist das "Zur-Krone-Klettern". da gehört schon allerhand dazu, denn der Stamm ist immerhin gut 13 Meter hoch und glatt. Anwärter sind, da ist kein Mangel. Der erste kommt ganz zügig voran, jedoch in der Hälfte blickt er hoch, kratzt sich am Kopf -- und rutscht zurück. Nicht besser ergeht es den nächsten. Edgar Wenzel, der es als vierter wagt, zieht sich langsam aber sicher hoch, jedoch zwei Meter unterhalb der Krone geht auch ihm die Puste aus. "Wenn es der nicht schafft, schafft es keiner", heisst es auf dem Platz. Jedoch Bangemachen gilt nicht. Gerhard Benedik ("Achtung, Leichtgewicht!") mit seinen 17 Jahren schafft es, obwohl ihm manch einer schon abgeschrieben hatte. "Er nimmt es zu scharf", hiess es anfangs. Schliesslich spielt die "alte" Blasia dennoch ein begeistertes "Hoch soll er leben" und alles singt und klatscht mit. Noch viele versuchen es, sich etwas aus der Krone zu holen (es hängt dort nämlich mehrere Gaben). Aber nur wenigen gelingt es. Hans Eiwen und Hans Schuster, beide von den "jungen" Adjuvanten, Horst Zintz, Viorel Hacman und noch einige Jugendliche erreichten aber dennoch die Krone.

Und dann klingt der Tag in den feierlichen Akkorden des Siebenbürgen- Lieder aus.

Alfred Wagner